Boris Reitschuster erlag nach einem Jugendaustausch mit der Sowjetunion 1988 der Faszination Russlands. Er lernte im Eigenstudium die Sprache des Landes, mit dem ihn außer seinem Vornamen zuvor nichts verband. Nach dem Abitur 1990 zog er als Student zu seiner Jugendliebe nach Moskau, mit zwei Koffern und seinen gesamten Ersparnissen. In einer Gastfamilie und in leeren Geschäften lernte er Russland abseits der Ausländerghettos kennen. Nach einer Dolmetscherausbildung arbeitete er als Deutschlehrer und Übersetzer. Gleichzeitig berichtete er für verschiedene deutsche Tageszeitungen. Nach fünf Jahren in Moskau machte Reitschuster 1995 ein Volontariat bei der Augsburger Allgemeinen und arbeitete dann für die Presseagenturen dpa und AFP in München. Als Leiter des Moskauer FOCUS Büros kehrte Reitschuster 1999 zurück in das Land, das seine zweite Heimat geworden ist. Ende 2011 musste er Russland wegen Drohungen aus Sicherheitsgründen verlassen und leitete das Moskauer Büro von Berlin aus. Ende August 2015 verließ er den FOCUS und ist seither als Autor und Publizist in Berlin tätig.
2008 wurde er mit der Theodor-Heuss-Medaille ausgezeichnet – »angesichts seines außerordentlichen Engagements, mit dem er sich seit vielen Jahren kritisch mit dem politischen System Russlands auseinandersetzt und vor Ort mit hohem persönlichem Einsatz für die Meinungs- und Versammlungsfreiheit und damit für die Wahrung von Bürger- und Menschenrechten kämpft«.
Ob er im Auftrag seines Arbeitgebers bei minus 16 Grad im Januar im Freien in eiskaltes Wasser springen muss, beim alljährlichen, zehntätigen Koma-Saufen nach Neujahr verzweifelt nach Nüchternen Ausschau hält oder am Abflug-Gate am Flughafen wie auf einem orientalischen Basar um einen Sitzplatz feilscht: Nachdem der geborene Deutsche und gelernte Russe anfangs an den grenzenlosen Zumutungen des Alltags östlich des Bugs noch einen gewissen Spaß fand, verzweifelt er inzwischen am alltäglichen Wahnsinn im Wilden Absurdistan. Umso mehr zu lachen hat dafür der Leser. Und er muss auch immer wieder den Atem anhalten: Ob es um das Geheimnis der weißen Mäuse im Kreml geht, Stalins Rache, die heute noch vielen Touristen in Russland den Magen verdirbt, um Panzer mit dem Recycling-Zeichen, oder Wunderwaffen aus dem Fotolabor – die Realität in Russland übertrifft immer wieder die kühnsten Fantasien, die sich Satiriker je einfallen ließen. Doch auch Romantiker kommen auf ihre Kosten: Da ist der Amerikaner, der mitten in den endlosen Weiten des Fernen Osten den Anschluss an seine Reisegruppe verlor, verschollen ging - und statt in einer Horrorgeschichte in einer Liebesstory aufwachte. Politikbesessene können nachlesen, dass es auch in Moskau eine orangene Revolution gab – wenn auch nur in einer Sauna. Neben den Lachmuskeln kommt auch der Nutzwert nicht zu kurz, so gibt es etwa für Touristen wertvolle Tipps: Etwa über die tückischen Ost-West-Klippen, die es im Umgang der Geschlechter zu umschiffen gibt: Allzu schnell steht ein Kavalier als Sittenstrolch da, wenn er die nationalen Besonderheiten nicht kennt. Egal ob man Russland liebt oder eher nicht: Um dieses Buch führt kein Weg herum.
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